01.01.2016
In vielen Versorgungsordnungen gibt es Regelungen, nach denen die Zahlung einer Witwen- bzw. Witwerrente in solchen Fällen vermieden werden soll, in denen eine Ehe des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers nach Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen wurde. Diese sogenannte „Spätehenklausel” wurde nun durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 4.8.2015 (3 AZR 137/13) als unzulässig und unwirksam angesehen.
Das BAG sah in dieser Klausel eine unzulässige Altersdiskriminierung, die gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Laut Gericht kann diese Benachteiligung auch nicht durch § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, das bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unterscheidungen nach dem Alter zulässt, gerechtfertigt werden, denn dies ist nur in Bezug auf die Alters- und Invaliditäts-, nicht aber auf die Hinterbliebenenversorgung anwendbar.
Während damit auch eine Klausel unzulässig sein müsste, die eine Mindestehedauer von fünf Jahren vor Erreichen der Altersgrenze fordert – daraus ergibt sich mittelbar eine altersabhängige Restriktion – dürfte eine Klausel nach wie vor zulässig sein, die den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung davon abhängig macht, dass die Ehe noch während des aktiven Arbeitsverhältnisses bzw. vor Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen wurde (vgl. BAG-Urteile vom 15.10.2013 – 3 AZR 653/11 und 3 AZR 294/11).
Ebenso werden sogenannte Altersabstandsklauseln grundsätzlich als zulässig angesehen. Eine solche Regelung schließt den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten aus, wenn dieser um eine bestimmte Anzahl von Jahren jünger ist als der verstorbene versorgungsberechtigte Arbeitnehmer. Auch wenn diese Regelungen noch nicht abschließend höchstrichterlich überprüft wurden, dürften sie dann unkritisch sein, wenn anstelle des gänzlichen Wegfalls einer Witwen- bzw. Witwerrente bei der Rentenhöhe Abschläge vorgesehen sind.
Wurden Hinterbliebenenversorgungen aufgrund der Spätehenklausel nach dem Tod des Arbeitnehmers bislang abgelehnt, haben diese Hinterbliebenen nun einen Anspruch. Für die Betroffenen ist das Urteil positiv, auch wenn die praktischen Fälle wohl eher selten sein dürften. Gleichwohl können auch Altfälle zum Tragen kommen, da das Rentenstammrecht gemäß § 18a Satz 1 BetrAVG erst nach 30 Jahren verjährt. Allerdings ist bei der Geltendmachung zu beachten, dass die Verjährungsfrist für einzelne Renten nach § 18a Satz 2 BetrAVG i.V.m. § 195 BGB lediglich drei Jahre beträgt.
Eine Überprüfung der Versorgungszusagen im Hinblick auf die Hinterbliebenenregelungen halten wir für empfehlenswert.
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